Die Zungendiagnostik / Zungendiagnose ist eine Untersuchungstechnik auf dem Gebiet der Traditionellen Chinesischen Medizin.

Die Zunge ist ein Organ mit vielen Aufgaben. Sie hilft uns beim Sprechen und Singen, mit ihr untersuchen wir beim Essen die Speise, prüfen, ob ausreichend gekaut wurde oder verletzende Teilchen eliminiert werden müssen und reinigen Schleimhauttaschen, Mundboden, Gaumen und Zahnzwischenräume. Ohne Zunge könnten wir süß, sauer, bitter und salzig nicht schmecken. Die Zunge ist ein kräftiger, äußerst beweglicher Muskel, die Polizei des Mundes, aber auch Spiegel des Körpers. Sämtliche Veränderungen in Farbe, Form und Belag können auf Störungen im Organismus hinweisen. Grund für diese Vielseitigkeit und Wichtigkeit ist die intensive Vernetzung von Mundhöhle und Zunge mit dem Gehirn. Die Zunge ist über vier Nerven sowohl mit dem Gehirn als auch mit inneren Organen verbunden. Diese sind für die Empfindung von Hitze, Kälte, Schmerz und Geschmack verantwortlich.

 

Normales Aussehen einer gesunden menschlichen Zunge

Blassrosa, leicht feucht glänzend, oft mit einem leicht weißlich-klaren Belag überzogen, samtartig und mit gleichmäßiger Oberfläche. Feine, dünne Beläge zeigen Ihnen leichte bzw. beginnende Störungen der Verdauungsorgane an, dicke Beläge deuten auf tiefgehende und oft entzündliche Prozesse hin. Aber auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten und eine akute Magen-Darm-Infektion zeigen sich durch dicke Belege. Schaumbildungen auf der Zunge meist Entzündungen des Magen-Darm-Kanals oder der Gallenwege. Abweichungen werden Bereichen und damit möglichen Erkrankungen zugeordnet.

Merke: Ohne das Lesen und Bewerten der Zungenveränderungen würde der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ein wesentliches Element der Diagnostik fehlen. Neben dem Fühlen des Pulses ist die Zungendiagnostik das A und O auf dem Weg zur Heilung. Sicherheit erlangt man laut Lehrplan des Studiums der chinesischen Medizin darin, wenn man sich 15 000 bis 20 000 Zungen genauer angesehen hat. Das ist der Grund, warum hierzulande die Zungendiagnostik in der mitteleuropäischen Naturheilkunde und in der hier angewandten TCM nicht sehr verbreitet ist, obwohl man mit ihrer Hilfe viel Geld im Gesundheitssystem einsparen könnte. Bücher, wie die von Barbara Kirschbaum oder Hans-Dieter Bach, zeigen anhand einer Vielzahl von Beispielen wie man mittels Zungendiagnostik eine exakte Diagnose stellen kann.

 

Was wird zur Bewertung der Zunge herangezogen?

Oberfläche, Größe, Form, Spannkraft und Beweglichkeit sowie die Unterseite, hier besonders die Venen (Blutgefäße). Man betrachtet die Zunge zunehmend als Träger von Reflexzonen für den gesamten Körper. Eine Zungenmassage kann daher auf verschiedene Organe zurückwirken. Sie ist jedoch nicht jedermanns Sache. Das gilt für Patienten als auch für Therapeuten.

  • Welche Farbe hat derZungenkörper?
  • Ist die Zunge geschwollen oder geschrumpft, ganz oder teilweise?
  • Ist Belag vorhanden und wenn ja, wie sieht dieser aus?
  • Welche Farbe hat der Belag?
  • Weist der Belag Flecken oder Punkte auf?
  • Zeigt die Zunge Furchen, Falten oder Zahneindrücke?

Beispiele, die auch in unseren Landen für die Krankheitserkennung von Bedeutung sein können (nicht wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse tausendjähriger Erfahrungsheilkunde in allen Teilen der Welt, besonders der chinesischen und indischen Medizin, TCM und Ayurveda):

  • ist die Zunge angeschwollen und es zeigen sich am Zungengrund vergrößerte Papillen, liegt fast immer eine Allergie auf Eiweiße vor, d.h. es werden bestimmte Lebensmittel nicht vertragen. dies hat oft einen Bezug zu einem Parasitenbefall im Darmtrakt.
  • eine geschwollen Zunge ohne vergrößerte Papillen kann u.a. bei Histaminintoleranz auftreten, auch hier Achtung auf Parasiten!
  • kann die Zunge nur wenig heraus gestreckt werden, liegt eine Nierenschwächung durch reduzierte Lebensenergie vor.
  • nach einem Schlaganfall kann die Zunge beim Herausstrecken zu der gelähmten Seite hin abweichen, auch wenn dem Betroffenen das Geschehen nicht bewusst ist.
  • weist die ganze Zunge vergrößerte Papillen auf, liegt evtl. eine Glossitis (Zungenentzündung) vor, aufgrund: Eisenmangel (v.a. wenn auch rote Ohren vorliegen und Mattigkeit), Diabetes, Vit.B6/9/12 (v.a. wenn die Zunge zugleich "fleischig" wirkt und auch die Nerven sich schwach zeigen) oder auch Vit.C Mangel (v.a. dann auch Infektanfälligkeit), Candida albicans Befall, oder auch in Verbindung mit Zahnstein.
  • dicker weißer Belag: Erkältungsinfekt oder Magen-Darm-Störung (vorübergehend z.B. aufgrund Darmgrippe), es fehlt an Verdauungssäften (Enzyme der Pankreas / Leber-Galle). Wenn nur im Zungengrundbereich dann v.a. bei Kindern Hinweis auf Scharlach!
  • treten weiße Flecken auf, die  sich wegwischen lassen, dann sehr wahrscheinlich Soor Erkrankung, d.h. Candida albicans Befall.
  • Liegt eine Mittelfurche mit weißem Belag vor, besteht eine Pankreasschwäche/störung (resultiert in Blähungen die aufs Herz drücken, Rhythmusstörungen / Herzbeklemmung / Herzklopfen)
  • Bei einer ganz durchgezogenen vertieften Rinne mit beiderseitigen Furchen sollte an eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse gedacht werden.
  • gleichmäßiger dicker weiß-grau-leichtgelber Belag entsteht oft durch eine Candida Pilz-Infektion, schon bevor der Organismus Symptome zeigt. Dies tritt v.a. verstärkt schon kurz (ca. 15-45 Min.) nach dem Essen auf.
  • weißlich gelber, dicker Belag über den gesamten Zungenkörper: chronische Magen- oder Darm-Entzündung mit Beteiligung der Leber-Gallensäfte
  • leicht gelbliche Beläge weisen gewöhnlich auf Störungen im Bereich Pilzgeschehen im Darm hin, deutlich gelbliche Beläge auf dadurch bereits verursachte Störungen im Leber/Gallebereich, sie können jedoch auch schon mal bei Fieber auftreten oder auf einen Reizdarm hinweisen
  • Gelbbraune Beläge im hinteren Zungenabschnitt sind ein Leberzeichen. Je brauner der Belag, um so ernster die Störung in der Leber, je gelber, umso ernster die Störung in der Galle.
  • Braunfärbung zeugt von Verdauungsstörungen allgemein und Veränderungen im Darm, die Schlackenbelastung nimmt zu. Die Leber ist belastet, die Niere überlastet bzw. sie funktioniert nur mangelhaft / sie schwächelt! Zungenfarbton kann dann sogar leicht ins bräunlich-grüne gehen, dann liegt eine Gallenrückstau in der Leber vor.
  • Eine gräulich gefärbte Zunge kommt bei Blutarmut vor.
  • schwarzbräunliche Ablagerungen: Raucherzunge mit der Gefahr der Schädigung von Organen durch Teerbestandteile des Rauches. Dies kann auch auf ein Krebsgeschehen hindeuten.
  • eine grau-weißliche Zunge in der Mitte und rote Flecken am Rand zeigt sich oft als Begleiterscheinung bei Typhus.
  • Rote „Lackzunge“ ist typisch für chronische Lebererkrankungen oder Diabetes mellitus, Vit.B12 Mangel (kann auf Belegzellen im Magen, Dybiose im Dünndarm hin bis zu entzündliches terminales Ende des Krummdarms hinweisen). Eine starke Felderung der Zunge oder erdbeerartige Stippchen gelten ebenfalls als Hinweise auf einen meist ernährungsbedingten Vitamin-B12-Mangel.
  • Eine rote Zungenspitze (ohne bestehende Herzprobleme) weist auf eine Gastritis bzw. entzündliche Darmwandprozesse hin, bei brennen wird hier auch Eisenmangel ersichtlich
  • Zungenschwellung mit Zahneindrücken an den Seiten kommt sowohl bei Schilddrüsen-Unterfunktion als auch bei Leberleiden vor, wobei die Schwellung auf eine allergische Reaktion hinweist (z.B. auf Obst, Histamin, Nüsse, Milch...). Folge ist ein lymphatisch belasteter Darmbereich, verursacht durch eine zu sehr durchlässige Darmwand. Eventuell auch Parasitenbefall!! V.a. indiziert, wenn zugleich Zähnepressen / Zähneknirschen in der Nacht und weitere Hinweise auf Parasitenbefall vorliegen.
    Kommen noch Furchen (ähnlich wie Gehirnoberfläche) hinzu und die Zunge weist keinen Belag auf und ist rötlich, dürfte eine Histamin-/Milchunverträglichkeit vorliegen. Dieses Bild zeigt sich meist auch bei Neurodermitis und bei Psoriasis
  • „Landkartenzunge“: Zunge mit zahlreichen Zahnabdrücken und ungleichmäßigem Belag kommt bei Störungen des Verdauungsapparates in Bezug auf die Darmflora (Dysbiose) vor, öfters in Kombination mit einer Milchunverträglichkeit. Außerdem können sich hierdurch auch hormonelle Fehlsteuerungen zeigen (bei Frauen Menstruationsbeschwerden, Zwischenblutungen, schmerzhaftes Brustspannen).
  • Eine Häufung von vielen kleinen, nicht miteinander zusammenhängenden Quer-, Schräg- und Längsfalten können Zeichen eines  generellen Mineralien- und Spurenelementemangels sein, es kann auch ein Hinweis auf eine psychisch instabilen Persönlichkeit sein (Vorsicht allerdings mit solchen Selbst-Diagnosen). Treten Falten nur im vorderen Bereich und zeigt die Zunge und der Klient sonst keine Auffälligkeiten, dürfte dies ohne Ursache physiologisch bei diesem Klienten vorliegen.
  • Verbreiterung der Rinne in der Mitte nahe Zungenspitze könnte als Folge einer Bindegewebsschwäche im oberen Verdauungstrakt entstanden sein (Hernie im Ösophagusbereich).
  • Sind die Venen an der Zungenunterseite besonders dick und geschlängelt, also gestaut, dann weiß auch der westliche Mediziner, dass eine Herzinsuffizienz dahinter stecken kann. Auch Krampfadern oder Hämorrhoiden können sich so zeigen.
  • Intensive Rotfärbung mit kleinen Verdickungen (Papillen), auch Himbeer- oder Erdbeerzunge genannt, hilft in vielen Fällen, den Verdacht auf die Infektionskrankheit Scharlach zu erhärten. Gibt auch den Hinweis auf einen viralen Infekt im Darmtrakt.
  • B-Vitaminmangel bei Kindern (Leistungsschwäche in der Schule) kann durch eine erdbeerartig veränderte Zungenoberfläche auffallen.
  • eine stark rote glatte "Lackzunge" (ohne Belag, wie lackiert) tritt bei starken Leberproblemen wie u.a. Leberzirrhose auf.
  • Ein Zeichen des Down-Syndroms, auch Mongolismus genannt, ist eine nur scheinbar vergrößerte Zunge, die das Sprechen zusätzlich behindert: Die Zunge ist in diesen Fällen schlaff, ohne Spannung, was sie größer erscheinen lässt, der kleinere Mund verstärkt den Eindruck
  • trockene Zunge, nicht glänzend, sieht aus wie ein Stück Fleisch: Vitamin B Mangel, evtl. auch nur zu wenig getrunken
  • trockene Zunge und eingerissene Mundwinkel: Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • trockene Zunge mit vielen kleinen Feldern (ähnlich wie Hirnrinde) zusammen mit Gelenkschmerzen: Sjögren Syndrom (betrifft ca 90% Frauen, eine Autoimmunerkrankung oft mit viralem Darmwandbezug), meist in Kombination mit Vitamin B Mangel
  • Zungenbrennen mit erkennbaren Entzündungszeichen: Eisenmangel, Mangel an Vitamin B12
  • einseitiger Zungenbelag: Mittelohrentzündung derselben Seite oder entsprechend den Lokalisationen der neben der Mittellinie angeordneten Organzonen; auch eine Nervenentzündung kann dahinter stecken.
  • Zahnabdrücke entstehen entweder durch einen geschwollenen Zungenkörper, dann ist die Nierenfunktion belastet, oder durch anpressen der Zunge und dann gibt der Bereich Hinweis auf das Geschehen. Zahneindrücke rechts weisen meist auf Leber/Galle-Störungen, links auf Leber, des Magens und der Milz hin. Auslöser kann oft ein Magenbakterium (Helicobacter / Camphylobacter) sein. Zahnabdrücke auf der Zungenspitzen zeigen ein Herzthema auf.
  • Lokalisationen der Organe auf der Zunge nach der TCM: Zungenspitze: Herz, dahinter auf der Mittellinie der Reihe nach: Lunge, Milz, Magen, Harnblase, Niere; bei Ansicht im Spiegel: rechts & links vom Magenbereich liegt die Leber+Gallenblase, rechts zwischen Harnblase und Niere der Dünndarm, links der Dickdarm (so sieht man es selbst im Spiegel).
  • schwarze „Haarzunge“ tritt wesentlich öfter bei Männern auf. Kann harmlos sein, jedoch abchecken auf Schwäche des Immunsystems und/oder Vorbote einer schweren Erkrankung, z.B. Leukämie, Krebsgeschehe
  • ein roter nicht scharf begrenzter Fleck, ggf. blutig, weisen auf ein Geschwür hin. Achtung auf Entwicklungzeitraum, evtl. Mundkrebsgeschehen.
  • ein Fleck ohne Belag, scharf begrenzt, in roter Zungenfarbe, der nicht Soor (Candida) zugeordnet werden kann, könnte von einem Virusbefall im dem Organbereich zugeordneten Mundareal stammen. Prüfen auf Virusbefall via Blutlabor, typische Virushinweise im Beschwerdebild?

Auf der Zunge ist der gesamte Mensch abgebildet, ebenso wie in der Handfläche, den Fußsohlen und in der Ohrmuschel. Sie ist für Kenner auch Spiegelbild der Seele. Eine breite und runde Zunge ist die beste Voraussetzung für guten Geschmackssinn und eine gute Artikulation beim Sprechen.

Merke: In den letzten Jahren hat sich eine Sitte aus der Ayurvedischen Medizin bei uns zunehmend verbreitet: das Abschaben oder Bürsten der Zunge, um sie von Belag zu befreien und dadurch einen höheren Zustand der Gesundheit zu erreichen. Was immer auch die indische Medizinmethode damit bezwecken, in vielen Fällen wurden durch zu intensives Bearbeiten der Zunge die wertvollen Papillen verletzt. Das beeinträchtigt die Funktion des Schmeckens und fördert Entzündungen des Zungenmuskels, die sehr schmerzhaft und gefährlich werden können.